Antifaschist wegen Teilnahme an Sitzblockade verurteilt

Prozessbericht des Arbeitskreis Antirepression und des AKJ Freiburg

Am 12.10.2016 fand vor dem Amtsgericht Freiburg ein Prozess gegen einen Aktivisten statt, der sich im Jahr 2015 an Protesten gegen den jährlichen Aufmarsch der Piusbrüder beteiligt hatte. Vorgeworfen wurden dem Angeklagten lediglich die Beteiligung an einer Sitzblockade, was laut Staatsanwaltschaft als „Stören von Versammlungen“ (§ 21 VersG) strafbar sein soll. Laut Anklage sollte die Durchführung des reaktionären Aufmarsch durch eine „dauerhafte Blockade“ unmöglich gemacht werden. Dies sei als „grobe Störung“ zu werten und somit strafbar.

Überschattet wurde der Prozessbeginn von massiven Kontrollmaßnahmen, die die ca. 40 solidarischen Prozessbeobachter_innen über sich ergehen lassen mussten. Jede Person wurde einzeln durchsucht, mit einem Metalldetektor abgetastet und musste ihr Handy abgeben.

Zu Beginn wurde durch den Rechtsanwalt des Betroffenen eine Erklärung verlesen, in der die Beteiligung an der Sitzblockade eingeräumt und begründet wurde. Die vollständige Erklärung findet sich im Anhang.

Richterin Jule Lempfert äußerste Verständnis für die Motive des Angeklagten und betonte mehrfach, dass es sich bei diesem Verfahren keinesfalls um einen politischen Prozess, sondern ausschließlich um eine juristische Würdigung der Geschehnisse handele. Ebenso sei keineswegs klar, wie das Verfahren ausgehen würde. Sowohl eine Verurteilung als auch ein Freispruch schienen ihr je nach Verlauf der Beweisaufnahme möglich.

Als erster Zeuge war Bernhard Kurz vom Freiburger Staatsschutz geladen. Er war am Tag des Geschehens zur Aufklärung eingesetzt, im Nachhinein organisierte er in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung. Seinen Schilderungen nach konnte der Aufzug der Piusbrüder, der aus ca. 130 Personen bestand, aufgrund einer Sitzblockade von ca. 70 Personen kurz nach dem Martinstor nicht weitergeführt werden. Die Ansprache durch Anti-Konflikt-Teams der Polizei hätte nur wenige Aktivist_innen dazu bewegt, die Fahrbahn zu verlassen, weshalb diese durch Polizeikräfte geräumt wurde. Der Verlauf dieser Räumung wurde im anschließend vorgeführten Video deutlich. So waren Polizist_innen zu sehen, die mit gestrecktem Bein auf sitzende Menschen eintraten und durch ihr Vorgehen eine Vielzahl von Verletzungen unter den Blockierer_innen verursachten. Besonderes Interesse galt der Frage, ob die Gehwege links und rechts der Blockade frei und für Passant_innen zu begehen waren. Dies wurde sowohl von Kurz bejaht, als auch im Video deutlich. Weitere Fragen zielten auf die Lautstärke der Gegendemonstrant_innen und den Einsatz einer Sirene.

Zweiter Zeuge war Harry Hochuli, Direktor des Polizeireviers Nord und Einsatzleiter am Tag des Geschehens. Er berichtete vom engen Kontakt, den er während der gesamten Demonstration der Piusbrüder mit deren Versammlungsleiter Pater Peter Lang gehabt habe. Den ca. 130 Piusbrüdern stand eine für ihn unklare Menge an Gegendemonstrant_innen in verschiedenen Gruppen gegenüber. Auch sei es ihm schwer gefallen „normale“ Passant_innen und Gegendemonstrant_innen zu unterscheiden, da ja nicht nur die polizeibekannte Szene, sondern eine große Vielzahl von Freiburger Gruppen ein Problem mit den Inhalten der Piusbrüder haben.

Die Sitzblockade bezifferte er auf 70 – 100 Personen, dahinter stand noch eine weitere Menge an Personen, bei denen ihm nicht klar war, ob es sich um Schaulustige oder auch um Gegendemonstrant_innen handelte. Besonders bemängelt wurde von ihm, dass sich keine Person als Ansprechpartner_in zu erkennen gab und somit keine Absprachen zwischen der Polizei und den Gegendemonstrant_innen möglich waren.

Eine Umleitung der Demonstration der Piusbrüder über andere Straßen sei nicht möglich gewesen, da dies dem Versammlungsrecht widerspreche und die KaJo einen hohen symbolischen Wert für die Demonstration habe. Da auf Ansprache durch Anti-Konflikt-Teams und den Lautsprecherwagen der Polizei nicht reagiert wurde, wurde beschlossen, die Blockade zu räumen. Hierbei wurde nur eine Straßenseite geräumt, die Aktivist_innen auf der anderen Straßenseite wurden an den Rand gedrängt und dort eingekesselt. Auch Hochuli bestätigte auf Nachfrage der Richterin, dass der Durchgang für Passant_innen links und rechts von der Blockade problemlos möglich war. Für die Demonstration der Piusbrüder wären diese Durchgänge jedoch keine Option gewesen, da hierfür zu wenig Platz gewesen sei. So sei eine einschließende Begleitung zum Schutz vor Angriffen der Gegendemonstrant_innen nicht möglich gewesen, zudem sei durch die Lautstärke beider Versammlungen die Kommunikation der Polizeikräfte massiv gestört gewesen. Als „Experte für Menschenansammlungen“ befürchtete er zudem eine mögliche Panik, sollten die Piusbrüder, unter ihnen auch viele alte Menschen und Kinder, durch den engen Durchgang neben der Blockade geleitet werden. Auch hielt er es nicht für nötig, mit Versammlungsleiter Lang überhaupt über eine mögliche Alternativroute zu sprechen.

Auf Nachfrage durch den Verteidiger bestätigte Hochuli, dass ihm durchaus bewusst war, dass auch die Gegendemonstration unter dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit steht, in seinen Augen allerdings nur, bis klar war, dass die Blockade nicht mit der Polizei kommunizierte und keine Anstalten machte, sich aufzulösen. Hierauf wurde durch den Verteidiger erwidert, dass eine unterbleibende Kommunikation mit den Polizeikräften keinesfalls dazu führe, dass die Versammlung nicht mehr vom Grundgesetz geschützt sei. Auch eine Blockade stelle eine vom Grundgesetz geschützte Versammlung dar und sei auf derselben Ebene anzusiedeln wie die Demonstration der Piusbrüder. Hochuli betonte noch einmal, dass Sinn und Zweck der Blockade die Störung der Aufmarschs der Piusbrüder gewesen sei und nicht etwa die Kundgabe einer politischen Meinung.

Anschließend folgte das Plädoyer von Staatsanwalt Dr. Schilling. Alles habe sich so zugetragen wie in der Anklage beschrieben, die geladenen Zeugen hätten deutlich gemacht, dass es nicht möglich gewesen sei, die Demonstration an der Blockade vorbei zu leiten. Somit sei definitiv eine „grobe Störung“ des Aufmarsches der Piusbrüder gegeben, da dieser nicht nur zeitlich sondern auch akustisch massiv beeinträchtigt wurde. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen.

Rechtsanwalt Moos stellte in seinem Plädoyer klar, dass es sich bei der Sitzblockade selbstverständlich um eine Form der Demonstration handele, mit der öffentlichkeitswirksam auf den gefährlichen Aufmarsch der Piusbrüder aufmerksam gemacht werden solle. Dabei zitierte er Staatsschützer Kurz, der die Piusbrüder in einem Aktenvermerk selbst unter anderem als „faschistisch“ bezeichnete. Zudem stellte er klar, dass keineswegs komplett vom Inhalt der jeweiligen Demonstrationen abstrahiert werden kann, sondern die Gründe der Demonstrationen selbstverständlich in die Beurteilung einzufließen haben.

Die Blockade als Gegendemonstration stehe selbst unter dem Schutz des Grundgesetz. Dieser ende auch nicht, wenn die Blockade entgegen der Forderungen der Polizei nicht aufgelöst wird. Eine „grobe Störung“ der Demonstration der Piusbrüder sei keineswegs gegeben, da diese grobe Störung im Lichte der Versammlungsfreiheit auszulegen sei. Des Weiteren wurde ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Blockade einer Kaserne angeführt, in welchem eine Nötigungsstrafbarkeit (§ 240 StGB) aufgrund der Sitzblockade abgelehnt wurde. Im Bezug auf § 21 VersG gibt es hierzu noch keine verfassungsgerichtliche Rechtsprechung. Abstrahiere man den Tenor der Entscheidung, so Moos, könne jedoch auch eine solche Sitzblockade gegen den Aufmarsch der Piusbrüder nicht strafbar sein. Zudem gab es eine Vielzahl anderer Möglichkeiten, die Demonstration an der Blockade vorbei auf ihre vorgesehene Route zu führen.

Bei verfassungskonformerkonformer Auslegung des § 21 VersG im Lichte der Versammlungsfreiheit liege in diesem Fall keine grobe Störung der Versammlung der Piusbrüder vor, daher sei der Angeklagte freizusprechen.

Richterin Jule Lempfert kam zu einem anderen Schluss und verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen. Dabei betonte sie zunächst, dass es „grober Unfug“ sei, das Verfahren als politischen Prozess zu bezeichnen und eine neue Linie der Freiburger Repressionsbehörden erkennen zu wollen. Sie habe auf einer rein juristischen Grundlage die Grenzen der demokratischen Auseinandersetzung abzustecken. Selbstverständlich stünden beide Versammlungen unter dem Schutz des Grundgesetzes. Sie habe nicht über den Inhalt der jeweiligen Versammlungen, sondern nur über die Strafbarkeit einer konkreten Sitzblockade in einem konkreten Fall zu entscheiden. Allgemeine Festlegungen zur Strafbarkeit von Sitzblockaden seien in ihren Augen nicht möglich. Auch wenn die Gehwege neben der Blockade nachweislich frei waren, konnten die Zeugen für sie glaubhaft darlegen, dass es unter anderem aus Gründen der Gefahrenabwehr nicht möglich war, die Demonstration der Piusbrüder dort entlang zu leiten. Die Polizei habe die Aufgabe, beide Demonstrationen zu trennen und benötige dafür einen gewissen Platz. Eine Umleitung über eine andere Straße sei nicht möglich, da eine angemeldete Demonstration auf der Route stattzufinden habe, auf der der Versammlungsleiter dies möchte. Sie habe Verständnis für symbolträchtige Protestformen, in diesem Fall ginge es allerdings zu weit. In der Gesamtschau siedelte sie die Vorfälle am untersten Ende der Strafbarkeit an. Daher erfolgte die Verurteilung zu 10 Tagessätzen.

Sitzblockaden sind nicht kriminell! Prozess am 12.10 am Amtsgericht Freiburg

Prozess| 12.Oktober| 8 Uhr|Sitzungssaal 2, Amtsgericht Freiburg

Platz genommen – Sitzblockade gegen Antifeminismus und reaktionäre
Weltbilder findet sich vor Gericht wieder!

Am 12. Oktober findet vor dem Freiburger Amtsgericht ein
Gerichtsverfahren gegen einen Freiburger Antifaschisten statt. Dessen Beteiligung an Sitzblockaden gegen den alljährlichen „Marsch für das Leben“ der Pius-Bruderschaft stellt für die Freiburger Staatsanwaltschaft eine Straftat statt. Dieses Verfahren stellt dabei nicht nur einen neuerlichen Höhepunkt der Kriminalisierungsversuche der Proteste gegen die Pius-Brüder dar, sondern ist auch als Angriff auf die Aktionsform der Sitzblockade als solches zu verstehen.

Rückblick: Was war geschehen?
Wie jedes Jahr um Ostern war es wieder so weit: Am 10. April 2015 haben die Piusbrüder versucht, durch die Freiburger Innenstadt zu marschierennund ihre reaktionäre Hetze auf die Straße zu tragen. Bei ihrem sogenannten „Marsch für das Leben“ sprechen sie Frauen das Recht auf Selbstbestimmung ab, fordern ein Abtreibungsverbot und stellen ihr homophobes Weltbild zur Schau. Der Marsch konnte dabei durch Gegenproteste 2015 erheblich gestört und zeitlich verzögert werden. Nur ein überzogenes und brutal auftretendes Polizeiaufgebot ermöglichte den erzreaktionären Piusbruderschaft ihren Aufzug. Mehr als 200 Pius-GegnerInnen hatten mit Schildern, Konfetti,Transparenten und Trillerpfeifen kreativ und lautstark gegen den Aufzug protestiert. Kurz bevor die Piusbrüder loslaufen wollten, machten es sich ca. 60 GegendemonstrantInnen hinter dem Martinstor gemütlich. Die Einsatzkräfte bahnten den Piusbrüdern unter brutaler Anwendung von Gewalt einen Weg durch die Blockade. Dabei sprangen einzelne BFE-Beamte mit gestreckten Beinen in die friedlich vor ihnen sitzenden BlockiererInnen und versuchten mit Tritten und Faustschlägen die Blockade aufzulösen. Dieser absolut unverhältnismäßige Einsatz sorgte für mehrere Verletzte mit Platz- und Schürfwunden.
Es scheint als Freiburger Linie offenbar zu werden, Proteste gegen die Piusbrüder in jedweder Form zu kriminalisieren. Sowohl 2013 als auch 2014 verschickte die Staatsanwaltschaft in großer Zahl Strafbefehle, mit denen sie ganz offensichtlich die Proteste einschüchtern wollten. Zudem wurden die eingeleiteten Strafverfahren aus 2013 genutzt, um eine Steigerung linker Straftaten herbeizufabulieren. Die Tendenz setzte sich  fort: Auch im Zuge der Proteste von 2015 sind eine große Zahl von Strafbefehlen verschickt worden. Wurde in den letzten Jahren noch der Gummiparagraph „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ herangezogen, um AktivistInnen zu kriminalisieren, geht die Staatsanwaltschaft dieses Mal sogar noch einen Schritt weiter und will die bloße Teilnahme an einer Sitzblockade bestrafen. Urteile verschiedener Gerichte halten hingegen fest, dass eine solche Sitzblockade durchaus vom Recht auf Versammlungsfreiheit gedeckt sein kann und nicht per se strafbar ist. Ganz eindeutig dient das Vorgehen der Abschreckung.

Wir lassen uns nicht einschüchtern!
Es ist nicht hinnehmbar, dass solche Formen des Engagements sich nun der Kriminalisierung ausgesetzt sehen. Es ist legitim, einen solch reaktionären und antifeministischen Aufmarsch kreativen und lautstarken Protest entgegenzusetzen und dabei deutlich zu machen, dass eine solche reaktionäre Weltsicht nicht akzeptiert werden kann. Sitzblockaden stellen an vielen Orten ein anerkannte und zugleich nicht eskalative Protestform dar. Der Versuch, die Beteiligung an einer bestimmten Sitzblockade zu kriminalisieren, ist auch ein Versuch, zukünftige Proteste gegen rechte Aufmärsche in Freiburg in ihren Mitteln einzuschränken!

Lassen wir den Angeklagten nicht allein und lasst uns gemeinsam den
Prozess besuchen!

Die Erklärung wird unterstützt von:

Anarchistische Gruppe Freiburg
Antifaschistische Linke Freiburg (iL)
Arbeitskreis Antirepression Freiburg
Die Linke Freiburg
Die Linke.SDS
Feministische Linke Freiburg
Feministisches Zentrum Freiburg e.V.
Fluss e.V.
Hagen Battran (VVN-BdA-Mitglied)
Netzwerk Care-Revolution – Regio Gruppe Berlin
SJD-Die Falken OV Freiburg
Tritta e.V. – Verein für feministische Mädchenarbeit
Offenes Antifa Treffen Freiburg & Region [OAT]

Zum Weiterlesen:

-Presse zum Prozess am 12. Otkober 2016
Interview des Arbeitskreis Antirepression Freiburg mit Radio Dreyeckland (RDL)
https://rdl.de/beitrag/sitzblockaden-sind-nicht-kriminell

Interview des Arbeitskreis Antirepression Freiburg in der Jungen Welt
https://www.jungewelt.de/2016/10-10/005.php

Mitteillung in Unsere Zeit
http://unsere-zeit.de/de/4840/innenpolitik/3707/Repression.htm

– Aufruf zu Protesten 2015:
http://www.antifaschistische-linke.de/?p=4027

– Erste Einschätzung zu 2015:
https://antirepfreiburg.wordpress.com/2015/04/11/blockade-gegen-piusbruderschaft/

– Rechtliches zu Sitzblockaden:
http://www.buerger-beobachten-polizei.de/index.php/rechtliches/urteile/34-sitzblockaden-und-blockadetraining

– Repression 2013:
https://antirepfreiburg.wordpress.com/2014/08/21/freiburger-staatsschutz-dreht-frei-2/

Prozess gegen Freiburger Antifaschisten

Ermittlungsbehörden drücken wegen NPD-Parteitag auf die Tube
Erster Prozesstermin am Mittwoch, 7. September!
09:30 Uhr Amtsgericht
Getroffen hat es einen, gemeint sind wir alle!
Kommt und zeigt eure Solidarität!

Ermittlungsbehörden drücken wegen NPD-Parteitag auf die Tube

Staatsanwaltschaften wollen mit Feuereifer Aktivist_innen verurteilen, die im November gegen den Bundesparteitag der NPD in Weinheim demonstriert haben. Gegenwärtig werden Betroffene über die Ermittlungen gegen sie benachrichtigt. Die ersten Strafbefehle wurden verschickt. -Wenn du Post von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht bekommst, melde dich bei uns! So können wir koordiniert und solidarisch gegen Repression vorgehen.

Wir raten dazu, Strafbefehle nicht einfach zu unterschreiben, sondern schnell zu reagieren und ein gemeinsames Vorgehen abzusprechen. In der gegenwärtigen Lage werden viele Verfahren aus Weinheim an die
Staatsanwaltschaft in Freiburg weitergeleitet. Aktivist_innen, die sich weigerten einen Strafbefehl über 1200 Euro zu aktzeptieren, will die Staatsanwaltschaft nun im Eiltempo verurteilen. Ihnen wurde vorgeworfen, sie hätten sich mit einer Plastikfolie vor den Augen gegenüber Pfefferspray der Polizei schützen wollen.

Wir wenden uns gegen diesen Krimialisierungsversuch! Der Schutz vor Polizeigewalt ist und bleibt legitim. Pfefferspray ist ein chemischer Kampfstoff, der langfristige psychische und physische Schäden
verursachen kann. Obgleich die deutsche Polizei weiterhin an Pfefferspray als Zwangsmittel festhält, ist es in vielen Ländern und bei zwischenstaatlichen Konflikten als Waffe der biologischen Kriegsführung international verboten und geächtet.

Wie schon bei der jüngsten Repressionswelle gegen Gegner_innen der Pius-Aufmärsche, wies das Vorgehen der Freiburger Staatsanwaltschaft vielfach Ungereimtheiten auf oder setzte auf martialische Abschreckung. Unsere Waffe dagegen heißt Solidarität!

Wenn noch weitere Fragen offen sind oder ihr von anderen Repressionsmaßnahmen betroffen seid, wendet euch an uns. Kommt zur letzten Anlaufstelle Antirepression vor der Sommerpause, am 18.08. um
18:30 Uhr ins Linken Zentrum adelante! In der Sommerpause sind wir jederzeit per Mail erreichbar; oder wir vereinbaren einen extra Termin.

Vorladungen wegen den Protesten gegen den Tag der Heimattreue am 19.März in Bruchsal

Die Kriminalpoilzei Freiburg hat in letzter Zeit Vorladungen an Personen verschickt, die am 19. März 2016 in Bruchsal an den Protesten gegen den Tag Heimattreue teilgenommen haben sollen. Einer solchen Vorladung muss und sollte nicht gefolgt werden. Sie dienen lediglich den Repressionsbehörden, um Informationen zu erlangen. Mehr Informationen zu dem Thema „Aussageverweigerung“ findet ihr auf der Homepage der Roten Hilfe (http://www.rote-hilfe.de/rechtshilfe-und-unterstuetzung/aussageverweigerung). Solltet ihr eine Vorladung von der Polizei bekommen, meldet euch bei uns! Nur so können wir einen Überblick über die Ausmaße der Repression bekommen und ein gemeinsames Vorgehen koordinieren.

Eine anwaltliche Vertretung braucht ihr an dieser Stelle noch nicht, da die meisten Ermittlungsverfahren unserer Erfahrung nach eingestellt werden. Solltet ihr dennoch das Bedürfnis haben, mit eine_r Anwält_in zu reden, können wir Kontakte vermitteln.

Wenn noch weitere Fragen offen sind oder ihr von anderen Repressionsmaßnahmen betroffen seid, könnt ihr uns jederzeit eine Mail schreiben, wir versuchen so schnell wie möglich zu antworten oder zur Anlaufstelle Antirepression kommen, die jeden 1. und 3.Donnerstag um 18:30 Uhr im Linken Zentrum adelante! stattfindet.

agantirepfreiburg@riseup.net

Über hundert Festnahmen nach Anti-Kohle-Protesten in der Lausitz – Rote Hilfe e.V. ruft zu Solidarität auf

Über das Pfingswochenende kam es in der Niederlausitz zu massenhaften Protestaktionen gegen den weiteren Abbau des als „Klimakiller“ bekannten fossilen Brennstoffes Braunkohle. Es blockierten insgesamt mehrere tausend Personen Kohlebagger im Tagebau Welzow-Süd und in vielfältigen Aktionen auch die Kohlezufuhr zum Kraftwerk Schwarze Pumpe aus anderen Tagebauen. Der Betreiber Vattenfall musste daraufhin die Leistung des Kraftwerks erheblich drosseln und zog zeitweilig sogar eine komplette Abschaltung in Betracht.

Zeigten sich die Polizeikräfte zu Beginn der Aktion am Freitag nach noch zurückhaltend, so änderte sich das am Samstag und auch am Sonntag erheblich, als tatsächlich alle für die Kohlezufuhr relevanten Gleisabschnitte zur Schwarzen Pumpe mittels vielfältigen Aktionen wie Sitz-, Kletter- und Ankettblockaden unterbrochen worden waren.
So wurden am Samstagnachmittag etwa 130 Aktivistinnen und Aktivisten am Kraftwerk eingekesselt und erst nach einem  bis in die Nacht andauernden „Freiluftkessel“ nach Cottbus in die Gefangenensammelstelle (Gesa) verbracht. Während des Kessels  wurden Sanitäter_innen trotz Notfällen der Zugang zu Verletzten verwehrt. Die Festgenommenen hatten zudem keine Möglichkeit ihre Notdurft zu verrichten und mussten teilweise in Flaschen urinieren. Die unwürdige Behandlung setzte sich in der Gesa in Cottbus fort, sodass nach anwaltlicher Intervention am Sonntag eine Freilassung der Inhaftierten mit Verweis auf die äußerst schlechten Haftbedingungen erwirkt werden konnte. Den Betroffenen drohen dennoch Strafverfahren mit dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs.
Es kam auch zu direkten Angriffen von Polizeikräften auf Personen, die die Blockaden mit Nahrungsmitteln und anderem Notwendigen unterstützen wollten. Die Versorgungstrupps wurden teils direkt mit Pfefferspray attackiert, um eine Unterstützung der Blockaden zu verhindern. Die Polizei verhinderte den Abtransport von teils schwer Verletzten in die Notaufnahme solange, bis ihr die Personalien der Verletzen ausgehändigt wurden. Auch die nicht von Polizeikräften direkt eingekesselten Demonstrantinnen und Demonstranten waren insbesondere in der Nacht von Samstag auf Sonntag körperlicher Gewalt ausgesetzt. Vielfach kam es dort zu Übergriffen durch ortsansässige Nazis und andere aggressiv auftretende Kohlebefürworter. Diese warfen Steine in die Sitzblockaden, prügelten direkt auf die Protestierenden ein und lauerten sogar ins Camp zurückkehrenden Personen auf in den umliegenden Dörfern auf.

Die Rote Hilfe ruft dazu auf sich solidarisch zu zeigen und für die drohenden Strafverfahren zu spenden. Es liegt an uns allen, dass die Betroffenen die anfallenden Kosten nicht alleine zu tragen haben.

http://rote-hilfe.de/presse/699-ueber-hundert-festnahmen-nach-anti-kohle-protesten-in-der-lausitz-rote-hilfe-e-v-ruft-zu-solidaritaet-auf

Nachbereitung Weinheim

Das Amtsgericht Mannheim hat in letzter Zeit Briefe an Personen verschickt, die am 21.11.2015 in Weinheim in Gewahrsam genommen wurden. Darin wird der richterliche Beschluss bezüglich der Gewahrsamnahme begründet. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, hiergegen innerhalb eines Monats Beschwerde einzulegen. Meldet euch am besten bei uns, wenn ihr Interesse habt, dagegen juristisch vorzugehen, wir können dann gemeinsam das weitere Vorgehen besprechen.

Es ist außerdem zu erwarten, dass in absehbarer Zeit einige der Festgenommenen Vorladungen von der Polizei bekommen werden. Einer solchen Vorladung muss und sollte nicht gefolgt werden. Sie dienen lediglich den Repressionsbehörden, um Informationen zu erlangen. Mehr Informationen zu dem Thema „Aussageverweigerung“ findet ihr auf der Homepage der Roten Hilfe (http://www.rote-hilfe.de/rechtshilfe-und-unterstuetzung/aussageverweigerung). Solltet ihr eine Vorladung von der Polizei bekommen, meldet euch bei uns! Nur so können wir einen Überblick über die Ausmaße der Repression bekommen und ein gemeinsames Vorgehen koordinieren.

Eine anwaltliche Vertretung braucht ihr an dieser Stelle noch nicht, da die meisten Ermittlungsverfahren unserer Erfahrung nach eingestellt werden. Solltet ihr dennoch das Bedürfnis haben, mit eine_r Anwält_in zu reden, können wir Kontakte vermitteln.

Wenn noch weitere Fragen offen sind oder ihr von anderen Repressionsmaßnahmen betroffen seid, könnt ihr uns jederzeit eine Mail schreiben, wir versuchen so schnell wie möglich zu antworten.

 

Kurzmitteilung

Am 25. Juni 2015 entrissen zwei Antifaschisten bei einer rechten Demonstration den Rassist_innen von Pegida in Nürnberg das Frontransparent. Das Geschehen wurde gefilmt, das Video im Internet veröffentlicht und über 250.00 mal geklickt. Nun wurden die beide Aktivisten am 14.12.15 deshalb in einem absurden Verfahren beide jeweils wegen Sachbeschädigung, ein Antifaschist desweiteren wegen Beleidigung und der andere wegen fahrlässiger Körperverletzung vom Amtsgericht Nürnberg zu einer Strafe von 30 bzw. 45 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Einer der Angeklagten verlas eine Erklärung und stellte fest: „Ich finde es notwendig, dass noch viele Menschen mehr erkennen, sich gerade in solcher Zeit entschlossen gegen menschenverachtende Hetze stark zu machen. Deswegen habe ich es gemacht, weil ich es legitim und richtig finde.“

Tipps der Roten Hilfe e.V. zum Umgang mit Strafbefehlen

Tipps der Roten Hilfe e.V. zum Umgang mit Strafbefehlen

Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Strafbefehl bekommen habe?

Normalerweise folgt nach der von euch selbstverständlich nicht wahrgenommenen Beschuldigtenvernehmung und der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft die Prozesseröffnung. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen Prozess zu umgehen und der/dem Beschuldigten einen Strafbefehl zuzustellen. Das ist quasi ein Urteil ohne eine vorhergehende Verhandlung, dass heißt, der Strafbefehl legt die Rechtsfolgen der euch vorgeworfenen Tat fest, also beispielsweise, dass ihr 30 Tagessätze à 10 Euro zahlen solltet. Dies wird häufig praktiziert, da die Staatsanwaltschaft darauf spekuliert, dadurch den Aufwand zu minimieren und dass sich nicht dagegen gewehrt wird- entweder aus Unwissenheit oder Fristversäumnis.
Allerdings wird euch auf diesem Wege faktisch die Möglichkeit der Verteidigung während des Verfahrens genommen, Ihr könnt bestimmte EntlastungszeugInnen nicht präsentieren, seid der Möglichkeit beraubt, mit einem/einer Anwalt/Anwältin eurer Wahl eine Prozessstrategie zu besprechen und vergeigt so im Zweifel einen eventuellen Freispruch oder eine geringere Strafe.

Aus diesem Grund solltet Ihr euch immer (erst einmal) gegen einen Strafbefehl wehren!

In jedem Fall solltet ihr innerhalb von zwei Wochen (nach Zugang des Strafbefehls) zunächst einen formlosen Einspruch gegen den Strafbefehl bei dem dort bezeichneten Amtsgericht unter Nennung des Aktenzeichens einlegen (Das steht auch alles in der Belehrung, die Ihr mit einem Strafbefehl, quasi als Beipackzettel erhaltet). Dabei müsst und solltet ihr auch nicht begründen, warum ihr Einspruch einlegt. Der Einspruch kann auch nur auf den Strafausspruch, also die Höhe der Strafe beschränkt werden. Eine solche Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe des Strafmaßes solltet ihr aber wirklich erst nach Absprache mit eurem Rechtsbeistand vornehmen. Da ihr bis in die Hauptverhandlung hinein die Möglichkeit habt, von einem „Teil“einspruch Gebrauch zu machen, solltet ihr also grundsätzlich immer einen vollumfänglichen Einspruch einlegen. Nach Rücksprache mit einem/einer Anwalt/Anwältin, einer Rechtshilfeorganisation etc. könnt ihr diesen dann ja immer noch in der Verhandlung begrenzen.

Ihr könnt beispielsweise schreiben:
„Hiermit lege ich Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts … mit dem Aktenzeichen … ein.“

Wichtig ist aber wirklich, dass dies innerhalb der zwei Wochen passiert, ansonsten könnt ihr nicht mehr gegen den Inhalt des Strafbefehls vorgehen, da dieser dann rechtskräftig wird! Entscheidend ist der Posteingang bei Gericht!

Also: Wenn ihr einen Strafbefehl am Mittwoch bekommt (entscheidend ist das Zustellungsdatum auf dem Umschlag!), dann endet die Frist zwei Wochen später am Mittwoch um 24.00 Uhr. Dabei sind die Postlaufzeiten von bis zu drei Tagen unbedingt zu beachten. Am sichersten ist, den Einspruch in den (Nacht-) Briefkasten des jeweiligen Amtsgerichts einzuwerfen oder das ganze gegen Empfangsbekenntnis beim Pförtner/bei der Pförtnerin oder in der Poststelle des Gerichts abzugeben. Nachdem also ein Einspruch eingelegt ist, habt ihr erst einmal Zeit gewonnen, die ihr nun nutzen solltet, euch im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise zu beraten und zu informieren.

Was ihr noch wissen solltet:
Ein Einspruch kann jederzeit, das heißt auch noch während der Verhandlung bis zur Urteilsverkündung, zurückgenommen werden. Dann entstehen auch keine weiteren Kosten. In dem Fall, wo er nicht zurückgenommen wird, kommt es zu einem ganz normalen Prozess, bei welchem der Strafbefehl die Anklageschrift ersetzen wird. Solltet ihr verurteilt werden, müsst ihr dann auch die Gerichtskosten tragen.

Quelle: http://www.rote-hilfe.de

Wenn ihr einen Strafbefehl bekommt, Fragen habt oder Unterstützung braucht, könnt ihr euch gerne per Mail an uns wenden: agantirepfreiburg[äht]riseup[punkt]net

Pius-Prozess am 20.07.2015 vor dem Landgericht Freiburg

Ein weiteres Mal: Justiz ebnet Pius-Brüdern den Weg

Am 20.07 kam es zur ersten Berufungsverhandlung in der Repressionswelle gegen PiusgegnerInnen, die sich einem Aufzug der Bruderschaft 2013 entgegen gestellt hatten. Massenhaft wurden von der Saatsanwaltschaft Strafbefehle verschickt, nachdem dutzende Menschen brutal von der Polizei abgedrängt worden waren, die sich den Pius-Brüdern in den Weg gestellt hatten.

Da die Betroffenen das absurde Vorgehen von Polizei und Justiz nicht auf sich beruhen lassen wollten, kam es jetzt zu einer Verurteilung in zweiter Instanz. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, für einen Zeitraum von etwa 30 Sekunden „aktiv gegen Polizeibeamte gedrückt oder sich ihnen entgegen gestemmt zu haben“, als die Polizei die Straße für die erzkatholische Bruderschaft freigeräumt hatte. Für die eifrigen Ermittlungsbehörden lag hier eine Widerstandshandlung aus zweiter oder dritter Reihe vor. Für die Justiz war die Sache klar, weder der Vorsitzende Richter noch die Staatsanwaltschaft machte sich die Mühe an diesem Handeln den Tatbestand des Widerstandes hinreichend zu konkretisieren.

Die Posse in der Posse lieferte an diesem Tag der als Zeuge geladene Staatschutzbeamte Niwinski, der abermals einen Eiertanz zur länderübergreifenden Informationsweitergabe der Polizei aufführte. Er gab an, den Angeklagten anhand von Akten identifiziert zu haben, die ihm wenige Wochen vor der Auswertung der Pius-Aufnahmen von der Hessischen Polizei zugesandt worden waren. Weder mochte er sich an die zuständige hessische Dienststelle erinnern, noch räumte er auf mehrmaliges nachfragen ein, wollte er sich festlegen, dass es sich dabei um eine routinemäßige Informationsweitergabe gehandelt habe. Zu welchem Zweck dieser Aktenaustausch stattgefunden hatte blieb unklar. Deutlich wurde, wie eng und weitreichend die Verzahnung von Staatsschutzarbeit zwischen einzelnen Bundesländern derzeit ist.

Selbstverständlich erkannte das Gericht die politische Dimension seiner Entscheidung. Der Richter stellte sich demonstrativ hinter das bisherige Vorgehen des Repressionsapparates. Er war unwillens die einzelne Tathandlung des Angeklagten auf den Videoaufnahmen zu benennen, sondern schloss sich dem vorherigen Urteil an. Darin hieß es, der Angeklagte hätte mit dem linken Arm gegen die Polizeikette gehalten und sie zurück gedrückt. Wie abstrus dieser angebliche Widerstand verfolgt wird, wird besonders deutlich an der Aussage der Staatsanwaltschaft: Die Gewalthandlung bestand demzufolge darin, dass nicht unmittelbar gegen die Polizei gedrückt wurde, sondern versucht wurde zu verhindern, dass die Polizei den Weg frei machte. Einig waren sich Richter und Staatsanwaltschaft darin, dass die Handlungen „sich am unteren Rand dessen abspielt, was als Gewalt bezeichnet wird“. Dass eben sie es sind, die dieses Handeln zu Gewalt machen, kam ihnen dabei nicht in den Sinn.

Schlussendlich ist das Urteil ein fatales Signal an die gerne hoch gehaltene bürgerliche Demonstrationsfreiheit und ein deutlicher Einschüchterungsversuch der sich an eine Linke in Bewegung richtet. Zukünftig soll der bloße Atem der Polizei reichen um Menschenmassen von der Straße zu fegen. Pass gut auf, wo du dich das nächste Mal anlehnst, sobald für die Polizei eine Kraftaufwendung notwendig wird, um dein Handeln zu verhindern, wird’s teuer. Doch natürlich muss uns klar sein, dass sich dieses repressive Gesellschaftssystem nicht mit Glacéhandschuhen beiseite schieben lässt. Die eigentlichen Entscheidungen über die Legitimität von Aktionsformen fallen nicht in den Gerichtssälen sondern auf der Straße. Wo über die Legalität entschieden wird, werden wir uns mit den Mitteln wehren die dieses System uns gönnt, bis die Risse im Beton offenbar werden. Aber das kann nur der Anfang sein.

Getroffen hat es einen, gemeint sind wir Alle. Solidarität ist unsere Waffe.